Amateurtour Teil 2: Im Kehdinger Land an der Elbe

SV Drochtersen/ Assel – VFB Oldenburg 2:1 , 09.10.2016, Regionalliga Nord

Drochtersen/ Assel hört sich im ersten Augenblick ähnlich schräg an wie Hönepel- Niedermörmter und liegt dabei so in etwa südwestlich vor den Toren Hamburgs. Gleich zwei Gründe dort einfach mal vorbei zu schauen.
Wie der SV Hö-Ni ist auch der SV Drochtersen/ Assel ein Fusionsverein, der 1977 aus den beiden Clubs Germania Drochtersen und VTV Assel entstanden ist.

Hauptgrund war hier die fehlende Personaldecke, insbesondere im Nachwuchsbereich, für zwei zukunftsfähige Vereine in einer Gemeinde. Man startete in der Bezirksklasse und schloss im Jahr 2012 mit dem Aufstieg in die Oberliga Niedersachsen ein Jahrzehnte langes auf und ab zwischen allen dazwischen liegenden Ligen erfolgreich ab. 2015 gelang mit kräftiger Unterstützung des Hauptmäzens und Vereinspräsidenten Rigo Gooßen sogar der Sprung in die Regionalliga Nord. Zuletzt erregten die Kehdinger (die Landschaft um Drochtersen im Landkreis Stade wird als Kehdinger Land bezeichnet) Aufsehen im DFB Pokal, als sie in der diesjährigen, ersten Runde die Borussia aus Mönchengladbach empfing.
Drochtersen liegt also südlich der Elbe in der Nähe von Stade und kann mit 11.000 Einwohnern aufwarten. Elbtunnelstau- Umfahrer kennen als Fähre Glückstadt- Wischhafen- Benutzer womöglich die Ortsdurchfahrt. Ein ländliches Idyll. Leider deswegen auch ohne Bahnanschluss und daher nur mit dem PKW erreichbar. Umso erstaunlicher empfand ich das Zuschaueraufkommen. Knapp über 1.000 Besucher, davon rund 100 aus Oldenburg, füllten das Rund. Für Regionalliga Nord Verhältnisse eine ganze Menge. Die neue, überdachte Sitzplatztribüne längs des Spielfeldes war prächtig gefüllt, der Rest der Heimfans zerstreute sich auf der Geraden gegenüber oder an den Verkaufsständen und dem Außenbereich des Clubheims. Eine Handvoll aktiver Fans, man könnte sie auch Ultras nennen, mit der furchterregenden Bezeichnung „Kehdinger Löwen“ , machten vor der kleinen, überdachten Stehplatztribüne auf der Gegengeraden so gut es eben ging Radau. Sie schafften es sogar, den ein oder anderen älteren Spielbeobachter in ihren Support mit einzubeziehen. Zwei (ja, nur zwei) stilecht und ebenso furchterregend in schwarz gekleidete Security Jungs, nicht viel älter als die jungen, aktiven Löwen selbst, hatten ein wachsames Auge auf das Trüppchen. Es gab aufgrund eines ziemlich unaufgeregten Becherwurfes sogar einen kurzen Anlass zum Eingriff. Obercool das Ganze! Die schwarz gekleidete Fraktion der Oldenburger (immer unter der Aufsicht der örtlichen Polizei) stand den Löwen natürlich in Nichts nach und gab hinter diversen Zaunfahnen in ihrem Gästekäfig ebenfalls alles, obwohl der Gastgeber zunächst verdient in der 27. und 36. Minute mit 2:0 in Führung ging. Der VFB, einst ein Zweitligist mit großem Stadion und Umfeld, gelang in einer starken zweiten Halbzeit der Anschlusstreffer, der Ausgleich aber wollte einfach nicht fallen. Er wäre nicht unverdient gewesen. Für einen Spitzenplatz wird es wohl auch in dieser Saison nicht reichen. Der SV Meppen beherrscht die Liga. Die Kehdinger stehen momentan auf Platz 10 im sicheren Mittelfeld. Das Unternehmen Klassenerhalt kann also gelingen.

Akustisch macht das Kehdinger Stadion trotz großzügiger Laufbahn aufgrund der beiden Tribünen durchaus etwas her. Leider verderben auch hier die meterlangen Zäune zur Trennung des Gästebereiches zum Rest des Runds den eigentlich positiven Gesamteindruck. Die DFB Auflagen für einen Spielbetrieb in Liga Vier erscheinen auf vielen Amateurplätzen maßlos übertrieben. Der hohe Zaun bis fast zur Überdachung der kleinen Tribüne macht aus einem kleinen, mehrstufigen Gästebereich regelrecht einen Käfig. Wirklich furchtbar!
Ein besonderes Lob verdient das Catering. Es fehlt an nichts. Von frisch Gezapften bis zum selbst gebackenen Kuchen ist alles zu bekommen. Das Clubheim ist dementsprechend gut besucht. Selbst ein Fanartikelstand mit durchaus für einen Amateurverein beachtlichem Angebot fehlt nicht. Das ganze Konzept wirkt gut durchdacht.
Empfehlung: Kann man echt mal hinfahren!
Noch ein kleiner Nachtrag: Der SV Drochtersen/Assel hat den viert höchsten Zuschauerschnitt in der Regionalliga Nord (gleich hinter den Platzhirschen Meppen, Lübeck und Oldenburg).

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